Ihr Knie im Fokus
Das Kniegelenk ist das grösste Gelenk im menschlichen Körper. Es ist so individuell, wie der Mensch selbst: Jede Beinachse ist unterschiedlich gekrümmt, keine Anatomie ist gleich wie die andere.

von Dr. med. Thomas Michniowski
Wie ist es also möglich, dass Kniegelenksimplantate mit der immer gleichen Geometrie für alle Patientinnen und Patienten passen? Die einfache Antwort darauf: Die gängigen Implantate können schlichtweg nicht alle Situationen abdecken. In manchen Fällen passen sie gut, in anderen wiederum nicht. Aus diesem Grund passen wir im Spital Limmattal die Knieprothesen individuell auf die jeweiligen Patientinnen und Patienten an.
Die meisten künstlichen Kniegelenke stammen derzeit aus Systemen, die man am ehesten als Baukästen bezeichnen könnte – mit stets gleichen, nur geringfügig abweichenden Formen. Unabhängig davon, ob diese "Standardprothesen" konventionell (also manuell), mit Navigation, mit individualisierten Instrumenten oder gar mithilfe von Operations-Robotik eingebaut werden: Es bleibt aufgrund der fehlenden Prothesen-Passform meist bei der Suche nach dem bestmöglichen Kompromiss.
Im Spital Limmattal arbeiten wir seit beinahe einem Jahrzehnt erfolgreich mit sogenannten Individual-Knieendoprothesen. Zur Herstellung einer massgefertigten Knieprothese benötigt wir zuerst eine exakte Vermessung des betroffenen Gelenks. Diese dreidimensionale Knochendarstellung ermitteln wir im Rahmen einer Computertomografie. Während die metallischen Teile des Implantats auf der Grundlage des so gewonnenen 3D-Modell massgeschneidert aus einer Metalllegierung heraus gefräst werden, stammen die zur exakten Positionierung der Prothese auf dem Knie dienenden Schnittblöcke aus dem 3D-Drucker. Die Vorteile dieser Methode sind vielfältig: Es kann mehr patienteneigenes Knochengewebe erhalten werden, es besteht eine grosse Passgenauigkeit und die natürliche individuelle Anatomie und Biomechanik des betroffenen Kniegelenks kann imitiert werden. Das umgebende Sehnen- und Bändergewebe wird geschont, und die Stabilität des neuen Gelenks wird positiv beeinflusst. Das Ziel ist ein „forgotten knee“, das heisst, dass die Patientinnen oder Patienten ihr künstliches Kniegelenk im Alltag nicht mehr bewusst wahrnehmen, also das Gefühl haben, ein normales Knie zu haben.
Zu einer individualisierten Operationsphilosophie gehört ein modernes perioperatives (vor, während und nach der Operation) Management: Dem sogenannten "rapid recovery"- oder "ERAS"-Konzept (Enhaced Recovery After Surgery) wurde in den vergangenen Jahren wissenschaftlich ein grosser Patientennutzen nachgewiesen. Was steht genau dahinter?
Zum ERAS gehören wie erwähnt patientenspezifische Massnahmen vor, während und nach einer Operation: Optimierungen vor der Operation (Prähabilitation) umfassen unter anderem die Verbesserung der Fitness und Muskelkraft, Optimierungen von Vorerkrankungen und Ernährung oder die ausgedehnte Aufklärung und Schulung der Patientinnen und Patienten. Eine weitere wichtige Rolle nehmen moderne wie schonende Narkoseverfahren und ausgefeilte Schmerztherapien ein. Es ist ausserordentlich wichtig, dass die betroffenen Personen unmittelbar nach der Operation keine bis lediglich geringe Schmerzen verspüren. Diesen Zustand erreichen wir dank additiver lokaler und regionaler Anästhesien kurz vor Operationsende. Aufgrund dessen können die Patientinnen und Patienten bereits wenige Stunden nach der Operation unter vollständiger Belastung mobilisiert werden (Frühmobilisation). Ebenfalls wird der Einsatz von starken Schmerzmitteln, zum Beispiel Opioiden) deutlich reduziert.
Eine wichtige Rolle bei der Minimierung der Schmerzen und Beschleunigung der Rehabilitation nehmen zudem die überaus bewährten minimal-invasiven Operationstechniken ein. Dank Ihnen reduzieren wir die Gewebetraumata markant und können auf Drainagen oder Blutsperren verzichten. Darüber hinaus ist eine fein abgestimmte interdisziplinären Zusammenarbeit bei komplexen Abläufen essentiell. Im LIMMI arbeiten alle medizinisch Beteiligten nach festgelegten evidenzbasierten Abläufen.
GLAD bedeutet "Good Life with Osteoarthritis in Denmark". Es ist ein ursprünglich aus Dänemark stammendes Therapieprogramm für Menschen mit Knie- oder Hüftarthrose. Ziel des Programms ist es, durch gezielte Physiotherapie, Patientenschulungen und Bewegungsübungen die Schmerzen zu reduzieren, die Funktion der Gelenke zu verbessern und Operationen möglichst lange zu verhindern. Gemäss Studien werden mit GLAD rund 40 Prozent weniger Schmerzen, verbesserte Alltagsfunktion oder ein geringerer Schmerzmittelbedarf erzielt. Die Methode eignet sich vor allem für Menschen mit früher oder mittelgradiger Arthrose.
Bei der Therapie mit Eigenblut/PRP-Plättchen-reichem Plasma handelt es sich um eine biologische Methode zur Schmerzlinderung, Funktionsverbesserung sowie Verzögerung des Fortschreitens der Arthrose. Das plättchenreiche Eigenblut wird mit einer speziellen Zentrifuge vor Ort hergestellt und direkt in das betroffene Gelenk injiziert. Die Wirksamkeit nimmt mit dem Schweregrad der Arthrose ab, sodass sich die Methode hauptsächlich für leichte bis moderate Arthrosen eignet.
Dieser Artikel wurde am 01. April 2025 in der Limmattaler Zeitung publiziert.
Autorin
Dr. med. Thomas Michniowski
Chefarzt Orthopädie und Traumatologie
Spezialgebiet: Hüft- und Kniegelenke
Spital Limmattal
Urdorferstrasse 100
8952 Schlieren
+41 44 733 21 12