Diabetes mellitus – Zuckersüsses Blut
Diabetes mellitus, umgangssprachlich als "Zuckerkrankheit" bekannt, ist eine chronische Stoffwechselerkrankung, bei welcher der Blutzuckerspiegel dauerhaft erhöht ist. In der Schweiz sind schätzungsweise rund eine halbe Million Menschen betroffen. Die Erkrankung hat in den letzten Jahrzehnten an Bedeutung gewonnen und stellt eine der grössten Herausforderungen für das Gesundheitswesen dar.

Dr. med. Stefanie Schwanda
Was ist Diabetes? – Typ 1 und Typ 2
Beim Diabetes mellitus ist die Fähigkeit des Körpers, Zucker zu verarbeiten, gestört. Dies führt zu einem Anstieg des Blutzuckerspiegels. Unbehandelt verursacht dieser Zustand ernsthafte Komplikationen, welche sowohl die Lebensqualität als auch die Lebenserwartung beeinträchtigen.
Zucker (Glukose) ist eine wichtige Energiequelle für die Körperzellen. Er wird aus der Nahrung aufgenommen und gelangt über das Blut zu den Organen. Insulin – ein Hormon, das in der Bauchspeicheldrüse produziert wird – hilft, Glukose in die Zellen zu transportieren, wo sie als Energie genutzt wird. Beim Diabetes ist entweder die Insulinproduktion gestört oder die Körperzellen sind weniger empfindlich gegenüber Insulin. Dies führt zu einem erhöhten Blutzuckerspiegel.
Man unterscheidet im Wesentlichen zwischen zwei Typen von Diabetes:
Typ-1-Diabetes
Diabetes mellitus Typ 1 betrifft etwa 10 Prozent der Diabetikerinnen und Diabetiker. Früher als "Jugend-Diabetes" bekannt, tritt diese Form vorwiegend bei Kindern oder jungen Erwachsenen auf, sie kann jedoch in jedem Alter einsetzen. Der Typ-1-Diabetes ist eine Autoimmunerkrankung, bei der das Immunsystem des Körpers die insulinproduzierenden Beta-Zellen in der Bauchspeicheldrüse zerstört. Dies führt zu einem absoluten Insulinmangel.
Genetische Faktoren spielen eine wichtige Rolle, etwa 20 Prozent der Betroffenen haben Familienangehörige mit der gleichen Krankheit. Diabetes Typ 1 ist nicht heilbar und die Betroffenen sind lebenslang auf eine externe Zufuhr von Insulin angewiesen.
Typ-2-Diabetes
Diabetes mellitus Typ 2 betrifft etwa 90 Prozent der Diabetikerinnen und Diabetiker. Er wurde früher als "Altersdiabetes" bezeichnet, da er meist bei über 40-Jährigen auftritt. Immer häufiger wird er jedoch auch bei jüngeren Menschen oder Kindern mit Übergewicht diagnostiziert. Beim Typ-2-Diabetes wird zwar weiterhin Insulin produziert, jedoch ist entweder die Menge unzureichend oder die Körperzellen reagieren nicht mehr genügend darauf (Insulinresistenz).
Häufige Ursachen des Typ-2-Diabetes sind eine unausgewogene Ernährung, Bewegungsmangel und Übergewicht. Genetische Faktoren können ebenso eine Rolle spielen. Häufig tritt diese Diabetes-Form in Kombination mit Bluthochdruck, Adipositas und erhöhten Cholesterinwerten auf, was als "metabolisches Syndrom" bezeichnet wird. Hierbei können die Muskel- und Fettzellen den Zucker nur unzureichend aufnehmen, weshalb der Insulinspiegel ansteigt.
Weitere Diabetesformen
Des Weiteren gibt es seltenere spezifische Krankheitsformen, bei denen der Diabetes zum Beispiel durch genetische Defekte, Erkrankungen der Bauchspeicheldrüse, hormonelle Störungen oder bestimmte Medikamente verursacht wird.
Ein weiterer Typ ist der Schwangerschaftsdiabetes (auch: Gestationsdiabetes), der während der Schwangerschaft auftritt. Hierbei führen hormonelle Veränderungen zu einer Insulinresistenz. Kann die Bauchspeicheldrüse den erhöhten Bedarf an Insulin nicht abdecken, kommt es zu erhöhten Blutzuckerwerten und ein Gestationsdiabetes entwickelt sich. Bei den meisten Frauen normalisiert sich der Stoffwechsel nach der Geburt wieder. Allerdings besteht ein erhöhtes Risiko, später an einem Diabetes Typ 2 zu erkranken.
Risikofaktoren – Durch Ernährung und Bewegung beeinflussbar
Die Entstehung von Typ-1-Diabetes ist genetisch bedingt und in der Regel nicht beeinflussbar. Es sind keine spezifischen Auslöser bekannt.
Beim Diabetes mellitus Typ 2 spielen erbliche Faktoren ebenfalls eine Rolle. Es ist erwiesen, dass eine positive Energiebilanz (mehr Kalorienaufnahme als Kalorienverbrauch) und Adipositas einen entscheidenden Einfluss auf das Risiko haben. Die Risikofaktoren können jedoch durch einen aktiven Lebensstil mit ausreichend Bewegung und einer ausgewogenen Ernährung reduziert werden.
Symptome – Oft schleichend und unbemerkt
Die Symptome entwickeln sich beim Typ-2-Diabetes meist schleichend, sodass die Diagnose oft erst spät gestellt wird. Zu den typischen Symptomen gehören häufiges Wasserlösen, vermehrter Durst, Müdigkeit, verschwommenes Sehen oder langsam heilende Wunden. Beim Typ-1-Diabetes können die Symptome plötzlich auftreten und gehen typischerweise mit einem ungewollten Gewichtsverlust einher.
Diagnose
Die Diagnose erfolgt in der Regel durch Blutuntersuchungen. Der Blutzucker kann venös oder kapillär mittels eines Blutzuckermessgerätes bestimmt werden. Ein Blutzuckerwert von >7 mmol/l morgens nüchtern oder >11.1 mmol/l tagsüber deutet auf Diabetes hin. Meistens wird jedoch der Langzeitzucker (HbA1c-Wert) verwendet, wobei die Diagnose Diabetes bei einem Wert von >6.5 Prozent gestellt werden kann.
Behandlung und Prävention – Medikamente und Lebensstil
Das Ziel der Behandlung ist eine Senkung der Blutzuckerwerte in den Normbereich und längerfristig das Verhindern von Folgekomplikationen wie Nerven- und Nierenschäden, Gefässverkalkungen beziehungsweise Herz-Kreislauferkrankungen oder Erblindung.
Beim Diabetes mellitus Typ 1 ist eine lebenslange Insulintherapie unerlässlich. Die Patientinnen und Patienten müssen den Blutzucker regelmässig überwachen und vor jeder Mahlzeit Insulin spritzen. Moderne Hilfsmittel wie Blutzuckersensoren oder Insulinpumpen können die Blutzuckereinstellung erleichtern.
Die Behandlung des Typ-2-Diabetes beginnt oft mit Lebensstiländerungen. Eine gesunde, ausgewogene Ernährung, regelmässige Bewegung und eine Gewichtsreduktion sind die Grundpfeiler der Behandlung. Falls diese Massnahmen nicht ausreichen, stehen verschiedene Medikamente oder Insulin zur Verfügung. Neuere Diabetesmedikamente wie sogenannte GLP-1-Rezeptoragonisten oder SGLT-2-Hemmer führen zu einer deutlichen Verbesserung der Blutzuckerwerte und oft zu einer signifikanten Gewichtsreduktion. Grundsätzlich sollte die Behandlung immer individuell angepasst werden.
Die Prävention ist beim Diabetes mellitus Typ 2 besonders wichtig. In vielen Fällen kann die Erkrankung durch einen optimalen Lebensstil mit gesunder Ernährung und ausreichend Bewegung verhindert werden.
Dieser Artikel wurde am 04. März 2025 in der Limmattaler Zeitung publiziert.
Autorin
Dr. med. Stefanie Schwanda
Leiterin Endokrinologie & Diabetologie
Spital Limmattal
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