Fordernd, erfüllend, zukunftsgerichtet - der Pflegeberuf und seine Facetten
Ausbildung und Attraktivität des Pflegeberufs sollen im Zuge der Umsetzung der Pflegeinitiative forciert und gestärkt werden. Das Spital Limmattal hat eine ganze Reihe von Massnahmen ergriffen, um Berufseinsteigende und neue Mitarbeitende zu gewinnen und zu halten. Einzigartiges Lohnmodell inklusive.
Bild oben von rechts nach links: Inge Lutz, Dipl. Pflegefachfrau, Susanne Vanini, Direktorin Pflege, Therapien, Rettungsdienst; Mitglied Spitalleitung; Vorsitzende Geschäftsleitung Pflegezentrum Spital Limmattal, Ariane Staubli, Dipl. Pflegefachfrau FH, Jerome Kreienbühl, Dipl. Pflegefachmann HF i. A.
Text: Flavian Cajacob / Bilder: Michele Limina
Lange Schichten, Wochenend- und Nachtarbeit, Zeitdruck, die physische und emotionale Belastung – der Pflegeberuf hat ein Image, das viele Berufswählende davon abhält, ins Gesundheitswesen einzusteigen. Es gibt allerdings genauso viele Stichworte, welche die Attraktivität des Pflegeberufs unterstreichen. Sinnhaftigkeit zum Beispiel, aber auch Abwechslung, Menschlichkeit, Perspektive. «Der Pflegeberuf ist anspruchsvoll, aber ich kann mir kaum eine sinnhaftere Arbeit vorstellen», sagt Susanne Vanini, Direktorin Pflege, Therapien, Rettungsdienst sowie Vorsitzende der Geschäftsleitung des Pflegezentrums Spital Limmattal.
Bedarf an Fachkräften steigt
Das Gesundheitswesen in der Schweiz ist dringend auf mehr Pflegefachkräfte angewiesen. Allein im Kanton Zürich braucht es hunderte zusätzliche qualifizierte Berufseinsteigerinnen und Berufseinsteiger auf Tertiärstufe – also von Höheren Fachschulen und Fachhochschulen – um dem Fachkräftemangel wirkungsvoll entgegenzutreten. Das stellt nicht nur die Medizin, sondern auch die Akteurinnen und Akteure im Akutspital und in der Langzeitpflege vor grosse Herausforderungen. «Wir Spitäler und Langzeitinstitutionen müssen einen ziemlichen Spagat vollführen», sagt Susanne Vanini. «Auf der einen Seite haben wir die notwendigen Reformen, auf der anderen die finanzielle Realität.»
Die 2021 vom Stimmvolk gutgeheissene Pflegeinitiative will das Problem an der Wurzel anpacken, den Pflegeberuf generell attraktiver machen und mehr Männer und Frauen zu einer Ausbildung im Gesundheitssektor motivieren . Eine halbe Milliarde Franken hat der Bund gesprochen, um die Spitäler in den nächsten acht Jahren bei der Ausbildungsoffensive – der ersten Etappe im Zuge der Umsetzung der Initiative – zu unterstützen. Hinzu kommt noch einmal gut eine halbe Milliarde Franken seitens der Kantone. Allein der Kanton Zürich investiert bis ins Jahr 2032 hundert Millionen Franken in die praktische Ausbildung und in die finanzielle Unterstützung von Personen in der Berufsausbildung. Das Hauptaugenmerk gilt dabei wie erwähnt der Tertiärstufe für Pflegeberufe, also der obersten Stufe im Schweizer Bildungswesen, vorab den Höheren Fachschulen (HF) und den Fachhochschulen (FH).
«Der Pflegeberuf ist anspruchsvoll, aber ich kann mir kaum eine sinnhaftere Arbeit vorstellen.»
So vielfältig heutzutage die Möglichkeiten sind, in den Pflegeberuf einzusteigen, so breit ist auch das Betätigungsfeld im Spital Limmattal. Als «Partner fürs Leben» stellt das LIMMI mit seinen Fachzentren die medizinische
Grundversorgung einer Region mit 300’000 Einwohnenden sicher. Diese Versorgung ist sowohl breit und interdisziplinär ausgelegt wie qualitativ hochstehend. «Wir spielen fachlich auf einer breiten Klaviatur», führt Susanne Vanini aus. Die Pflege von heute sei nicht mehr mit der Pflege von vor zwanzig Jahren vergleichbar. «Work-Life-Balance ist auch für uns kein Fremdwort, genauso wenig wie Flexibilität bei der Einsatzplanung. » Auch karrieremässig sei vieles möglich. «Sie können heutzutage den Bachelor oder den Master machen und unter anderem in der Pflege-, Hebammenforschung, Physiotherapie oder in der Pädagogik tätig werden. Sie können sich fachlich spezialisieren oder sich für Funktionen mit Führungsaufgaben entscheiden. Es liegt an jeder und jedem Einzelnen, die sich bietenden Möglichkeiten zu nutzen», so Vanini. Logisch ist: Der Pflegeberuf fordert von jedem und jeder Einzelnen einiges ab. «Wie wohl in jedem Beruf gibt es schönere und weniger schöne Seiten», sagt Inge Lutz, die sich im Alltag weit lieber den Menschen zuwendet als dicken Patientendossiers. Sie hat seit ihrer Ausbildung zur diplomierten Pflegefachfrau HF schon in verschiedenen Spitälern und Institutionen gearbeitet, unter anderem im Akutbereich, im OP, im Betreuten Wohnen und im Altersheim. Seit einigen Jahren ist die 59-Jährige nun in der Langzeitpflege im Pflegezentrum Spital Limmattal tätig und schätzt das Klima auf ihrer Station ungemein. «Es unterscheidet sich vom Akutspital schon allein aufgrund der Tatsache, dass die Leute bei uns länger bleiben – meistens bis zu ihrem Tod.» Nicht jeder und jedem seien dieses Umfeld und diese Situation allerdings angenehm, zumal sich der Fokus immer mehr von der Langzeitpflege hin zur Akutgeriatrie verschiebe. «Im Umgang mit den Bewohnenden und ihren Angehörigen braucht es Fingerspitzengefühl, Geduld und sehr viel Einfühlungsvermögen», führt Inge Lutz aus. Alles Attribute, die häufig auf Pflegefachkräfte wie sie zutreffen, die nicht nur fachliche Kompetenz, sondern auch viel Lebenserfahrung mitbringen.
«Im Umgang mit den Bewohnenden und ihren Angehörigen braucht es Fingerspitzengefühl, Geduld und sehr viel Einfühlungsvermögen.»
Einmaliges Lohnmodell
Berücksichtigt werden im Spitalalltag so weit als möglich die individuellen Bedürfnisse jedes und jeder Einzelnen. «Es wird tatsächlich sehr viel unternommen, um die Unterdeckung von Fachpersonal an den Spitälern zu bewältigen und das Berufsbild zu stärken», bemerkt Susanne Vanini. Allerdings gehe dies nicht von heute auf morgen. «Es braucht Zeit, bis diese Bemühungen Früchte tragen.» Das Spital Limmattal seinerseits setzt den Hebel an unterschiedlichen Stellen an. Beispielsweise bei der Flexibilisierung von Einsatzplänen und Anstellungsbedingungen.
Löhne Studierende HF und Studierende FH Spital Limmattal ab Januar 2025
Ganz besonders zu erwähnen ist an dieser Stelle das Lohnmodell für angehende diplomierte Pflegefachpersonen HF, welches schweizweit einmalig ist. Hier können sich Einsteigerinnen und Einsteiger entscheiden, ob sie einen mit Studiums- respektive Ausbildungsdauer sukzessive steigenden Lohn beziehen wollen oder einen höheren Fixlohn mit zusätzlichen Leistungen, der gleichzeitig eine Verpflichtung für ein Jahr nach Ausbildungsende voraussetzt (siehe Kasten). «Wir wollen damit den unterschiedlichen Lebensumständen gerecht werden, in denen sich Interessierte befinden», führt Christina Dürr, Leiterin Aus- und Weiterbildung am Spital Limmattal, aus. Gerade in einem gewissen
Alter oder wenn familiäre Verpflichtungen bestünden, sei eine finanzielle Absicherung unabdingbar, um nochmals eine Ausbildung auf sich zu nehmen. «Bis jetzt machen wir durchaus positive Erfahrungen mit unserem neuen Modell», so Dürr.
«Wir wollen damit den unterschiedlichen Lebensumständen gerecht werden, in denen sich Interessierte befinden.»
Beruflicher Rucksack geschnürt
Einer, der den Neustart gewagt hat, ist Jerome Kreienbühl. Der 29-jährige gelernte Logistiker befindet sich aktuell im dritten Ausbildungsjahr zum diplomierten Pflegefachmann HF. Er mag die Abwechslung im Spital Limmattal, den Kontakt zu den Menschen und die Herausforderung. Dazu gehört auch, mit den Unwägbarkeiten und den Überraschungen, die dem Spitalbetrieb eigen sind, umzugehen. «Jeder Tag ist anders», sagt Kreienbühl. «Die Spanne der Bedürfnisse seitens der Patientinnen und Patienten, die Vielfalt an medizinischen Techniken und die interdisziplinäre Herangehensweise, die im LIMMI praktiziert wird, sie machen die Arbeit spannend und äusserst lehrreich.»
Von seiner Erstausbildung als Logistiker und seiner Weiterbildung zum Disponenten her ist er sich gewohnt, vorausschauend zu agieren, um bei Bedarf rasch und unkompliziert auf sich verändernde Situationen eingehen
zu können. «Dahingehend habe ich vielleicht einen Vorteil. Ich kann gut Prioritäten setzen», meint er. Für Jerome Kreienbühl ist bereits klar, dass er nach der abgeschlossenen Ausbildung zum diplomierten Pflegefachmann HF im Spital Limmattal bleiben wird. «Zuerst arbeite ich während eines Jahres als Pflegefachmann, danach hänge ich noch die Ausbildung zum Diplomierten Experten Anästhesiepfleger NDS HF an», verrät er.
Wer wie Kreienbühl seinen Rucksack im LIMMI schnüre, der sei gut gerüstet, um eine erfolgreiche und erfüllende berufliche Laufbahn einzuschlagen, ist sich Susanne Vanini sicher. «Natürlich setzen wir viel daran, dass uns die Leute auch nach der Ausbildung erhalten bleiben», bemerkt sie. Aufgrund der Tatsache, dass im Spital Limmattal eine breite Palette an Fachrichtungen praktiziert und unterschiedliche Leistungsaufträge wahrgenommen würden, stehe
einer Karriere im Hause jedenfalls kaum etwas im Wege.
«Die Spanne der Bedürfnisse seitens der Patientinnen und Patienten, die Vielfalt an medizinischen Techniken und die interdisziplinäre Herangehensweise, die im LIMMI praktiziert wird, sie machen die Arbeit spannend und
äusserst lehrreich.»
Menschen mögen
Dessen ist sich auch Ariane Staubli bewusst. Die 22-Jährige hat einen Bachelor-Abschluss als diplomierte Pflegefachfrau FH in der Tasche und arbeitet seit einigen Monaten im Spital Limmattal. Neben der Fülle und Vielfalt
an Aufgaben schätzt sie vor allem die Möglichkeit des beruflichen Weiterkommens, den im LIMMI herrschenden Teamspirit und die Verantwortung, die ihr als junger Berufsfrau übertragen wird. «In meiner Funktion
bin ich meistens die erste Ansprechperson für die Patientinnen und Patienten. Dass ich unmittelbar auf deren Wohlergehen einwirken kann, verleiht dem Ganzen einen tiefen Sinn», sagt Staubli.
Für sie sei denn auch schon früh klar gewesen, dass sie nach der obligatorischen Schulzeit in die Pflege einsteigen wolle. «Ich denke, das hat viel mit der persönlichen Einstellung zu tun, man muss die Menschen mögen, um diesen Job zu machen», sagt sie überzeugt.
Es ist dies wohl der zentralste einer ganzen Reihe Aspekte, die den Pflegeberuf interessant machen.