Auf Herz und Nieren| 08.10.2024

10 Jahre Onkologie im LIMMI – Ein Fachbereich im Wandel

2024 feiert das LIMMI das 10-Jahr-Jubiläum der Onkologie, einschliesslich dreier Pflegekräfte, die schon von Beginn weg mit dabei waren.

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Von PD Dr. med. Dirk Kienle, Dr. med. Luise Maute und Dr. med. Thomas Lippuner

Im Januar 2014 fiel der offizielle Startschuss für den Fachbereich Onkologie im Spital Limmattal. Zu Beginn bestand das Team aus zwei Onkologen und vier Pflegefachkräften. Seitdem ist es stetig gewachsen und umfasst mittlerweile fünf Kaderärzte, einen Assistenzarzt, acht Pflegefachfrauen und drei Pflegefachhilfen. Ergänzt wird es durch eine Psychoonkologin und einen Konsiliararzt Radio-Onkologie.

Der auffällige Wandel in der Behandlung von Krebspatientinnen und -patienten ist vor allem den folgenden wesentlichen Fortschritten in der Onkologie zu verdanken.

Molekulare Diagnostik

Ein Grundstein für die bedeutsamen Neuerungen in der Onkologie ist die moderne Pathologie (Krankheitslehre). So können wir am Tumorgewebe nicht nur die Tumorentität (Tumorart) bestimmen, sondern mittlerweile auch eine
Vielzahl prognostischer und prädiktiver Marker, die das therapeutische Vorgehen entscheidend beeinflussen. Durch die enge Zusammenarbeit mit der Pathologie des Universitätsspitals Zürich steht uns im LIMMI die modernste molekulare Diagnostik zur Verfügung.

Therapie

Chirurgie
Die Tumorchirurgie hat sich qualitativ und technisch deutlich verändert. Bei einzelnen Krebserkrankungen kommen minimalinvasive Chirurgie oder Roboterchirurgie zum Einsatz. Zudem gibt es konzeptionelle Fortschritte. So werden bei lokal fortgeschrittenen Tumoren häufig kombinierte sowie unterstützende Therapien eingesetzt (sogenannte adjuvante oder neoadjuvante Behandlungen vor oder nach der chirurgischen Tumorentfernung), wodurch sich die Heilungsaussichten verbessert haben. Ebenso spielt die Metastasen-Chirurgie eine zunehmende Rolle, da bei einzelnen Tumoren (zum Beispiel einem Kolonkarzinom) Metastasen mit kurativem Anspruch entfernt werden können. Entscheidend für solche komplexen Therapiekonzepte ist eine gute interdisziplinäre Planung und Abstimmung, die wir im Spital Limmattal unter anderem im Rahmen wöchentlicher Tumorkonferenzen durchführen.

Strahlentherapie
Die Strahlentherapie hat sich in den letzten 20 Jahren merklich weiterentwickelt. Dies ist vor allem auf die Fortschritte in der bildgebenden Diagnostik und der Computertechnologie zurückzuführen. So kann heute ein Behandlungsplan innert kurzer Zeit berechnet und angepasst werden. Für alle Patientinnen und Patienten wird ein individueller Bestrahlungsplan errechnet und umgesetzt. Während früher Bestrahlungen bis zu acht Wochen dauerten, wird nun bei den gängigsten Tumorarten, wie zum Beispiel Prostata- und Brustkrebs, vermehrt die sogenannte hypofraktionierte Radiotherapie (weniger Sitzungen, höhere Einzeldosen und kürzere Therapiedauer) eingesetzt. Studien haben gezeigt, dass diese teilweise noch bessere Resultate liefert als die normofraktionierte Radiotherapie (= Bestrahlung in kleineren Dosen).

Zwei weitere Methoden, die ebenfalls mit sehr hohen Einzeldosen agieren und darum mit nur sehr wenigen Sitzungen auskommen, sind die Stereotaxie beziehungsweise die Radiochirurgie. Beide sind wegen der Möglichkeiten
der Bildsteuerung am Linearbeschleuniger beziehungsweise der Verfolgung des Tumors in Echtzeit mittels Cyberknife viel präziser als frühere Methoden.

Die Radiotherapie kommt im Laufe einer Krebserkrankung bei rund der Hälfte aller Patientinnen und Patienten zum Einsatz und gehört damit zur Grundversorgung.

Seit unterdessen fünf Jahren arbeiten wir eng mit der Radiotherapie der Klinik Hirslanden zusammen. An zwei Tagen pro Woche finden im LIMMI Sprechstunden mit einem Radio-Onkologen statt, welcher dann die notwendigen
Schritte veranlasst und die Patientinnen und Patienten während der Bestrahlungszeit betreut.

Systemtherapie
Noch vor 10 Jahren bestand die onkologische Behandlung fast ausschliesslich aus Chemotherapien. Heutzutage hat sich das Portfolio komplett verändert. Für die meisten Tumorentitäten sind zielgerichtete Therapien verfügbar, die
fester Bestandteil moderner Therapiestrategien sind.

Zielgerichtete Therapien
Zielgerichtete Therapien hemmen gezielt biochemische Abläufe in der Tumorzelle, von denen das Wachstum beziehungsweise Überleben der Tumorzellen abhängt.

Monoklonale Antikörper und Antikörperkonjugate
Antikörper werden spezifisch auf die Oberflächenstrukturen der Tumorzellen gerichtet und können dadurch Wachstumssignale blockieren und Tumorzellen abtöten (Abb. 1). Längst etablierte Beispiele sind anti-CD20-Antikörper
in der Lymphom-Therapie oder anti-Her2-Antikörper bei Brustkrebs, wobei mittlerweile eine Vielzahl von Antikörpertherapien bei unterschiedlichen Krebserkrankungen zur Verfügung stehen.

Eine Weiterentwicklung davon stellen Antikörper-Wirkstoff-Konjugate dar (Abb. 2), bei denen eine Chemotherapie (oder auch ein Strahlenpartikel) am Antikörper befestigt und dadurch gezielt in die Tumorzellen eingeschleust
werden kann. Hochwirksame und bereits zugelassene Beispiele aus dieser Medikamentengruppe sind Trastuzumab-Deruxtecan (Brustkrebs), Enfortumab-Vedotin (Blasenkrebs) oder die PSMA-Ligandentherapie (Prostatakrebs).
Viele weitere sind in Entwicklung.


Immuncheckpoint-Inhibitoren
Hierbei werden ebenfalls monoklonale Antikörper verwendet, die meist gegen den PD-1-Rezeptor (Programmed cell death protein 1) oder dessen sogenannte Liganden PD-L1 gerichtet sind. Tumore aktivieren PD-L1 auf ihrer Zelloberfläche und schützen sich so vor der körpereigenen Immunabwehr. Durch die Antikörperbindung wird diese Schutzfunktion aufgehoben: Die Immunzellen erkennen die Tumorzelle wieder als «fremd» und können diese
zerstören. Das Wirkprinzip besteht also aus einer Aktivierung des körpereigenen Immunsystems, was eine teilweise langanhaltende Wirkung zur Folge hat. Die Verträglichkeit dieser Therapien ist meist gut, jedoch können immunvermittelte Nebenwirkungen auftreten (unter anderem Kolitis, Hepatitis, Thyreoiditis).

Bispezifische Antikörper
Sie sind Hybrid-Antikörper, das heisst, sie können gleichzeitig zwei verschiedene Antigene binden (Abb. 3). Sie stellen dadurch eine direkte Verbindung zwischen einer Tumorzelle und einer zytotoxischen Immunzelle her und führen
so zu einer erhöhten immunologischen Aktivität gegen die Tumorzellen. Hybrid-Antikörper werden derzeit in klinischen Studien intensiv untersucht. Erste Substanzen sind bei Lymphomen bereits in der Anwendung.

Kinase-Inhibitoren
Hierbei handelt es sich meist um Tyrosin-Kinase-Inhibitoren, die im Innern der Zelle die Übertragung von Wachstumssignalen hemmen (Abb. 4). Solche Wachstumssignale werden durch Rezeptoren an die Zelle übermittelt. Bei
deren Hemmung wird das Tumorwachstum unterdrückt. Grundlage der hohen Wirksamkeit dieser Therapien ist eine spezifische Treibermutation im Tumor, die zu dessen unkontrolliertem Wachstum führt, den Tumor aber auch
besonders empfindlich macht, wenn der entsprechende Signalweg blockiert wird. So sind beispielsweise beim Lungenkrebs mittlerweile eine Vielzahl von Treibermutationen bekannt, die mit Untersuchungen am Tumorgewebe
identifiziert und mithilfe zielgerichteter Therapien behandelt werden können.

Antihormonelle Therapie
Zu den altbekannten zielgerichteten Therapien gehören antihormonelle Therapien, die in den letzten Jahren stark weiterentwickelt wurden. Sie spielen vor allem bei der Therapie von Prostatakrebs und Brustkrebs, die meist
in starker Abhängigkeit von den Geschlechtshormonen wie Östrogen oder Testosteron wachsen, eine grosse Rolle. Hormontherapien blockieren die Produktion oder die Wirkung des Hormons in der Tumorzelle, sodass bei empfindlichen Tumoren das Wachstum unterdrückt werden kann.

Ganzheitliche Unterstützung
Eine Krebserkrankung betrifft den ganzen Menschen, sodass neben den erwähnten Krebstherapien eine menschlich zugewandte Betreuung und zusätzliche Unterstützungsangebote genauso wichtig sind. Im Spital Limmattal legen wir besonderen Wert auf die persönliche Betreuung unserer Patientinnen und Patienten, wobei eine kontinuierliche ärztliche Betreuung und eine Bezugspflege zur Verfügung stehen. Zusätzlich sind im Haus eine psychoonkologische Begleitung und weitere unterstützende Angebote (unter anderem Ernährungsberatung, Physiotherapie, Akupunktur) verfügbar.

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