Ratgeber| 18.04.2024

Die Taktgeberin

Wie wichtig die Schilddrüse ist, merkt man erst, wenn sie nicht mehr richtig funktioniert. Ständiger Energiemangel kann auf eine Fehlfunktion hindeuten. Oder auch starkes Herzklopfen. Die Symptome zu interpretieren, die richtigen Massnahmen zu treffen, ist eine Sache für Expertinnen und Experten – wie etwa im Schilddrüsenzentrum des LIMMI.

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von Dr. med. Franziska Grafen

Müde, müde, müde. Und zwar dauernd und über Wochen hinweg. Man kommt kaum aus dem Bett. Es fehlt der Elan im Privaten, beim Hobby oder im Beruf. «Diese Müdigkeit kann auf eine Unterfunktion der Schilddrüse hindeuten», so Dr. Franziska Grafen vom Spital Limmattal. Das relativierende ‹kann› ist der Chefarzt-Stellvertreterin wichtig. Denn: «Die Müdigkeit hat häufig andere Ursachen.» Habe ich gerade viel Stress im Beruf? Oder kommt die Müdigkeit vielleicht auch von Übertraining? «Hier gilt es, seinem eigenen Empfinden zu vertrauen. Denn niemand kennt seinen Körper so gut, wie man selber.» Dieses selbstkritische Hinschauen empfiehlt sich auch bei andern fehlfunktionstypischen Symptomen, wie Herzklopfen, Hitzegefühl, dicker Hals etc. Bei anhaltenden Symptomen oder bei klar erkennbaren körperlichen Veränderung – zum Beispiel einem spürbaren Knoten in der Halsgegend – empfiehlt sich der Gang zum Hausarzt. Dieser kann anhand von Blutwerten vieles ausschliessen. Doch nicht alles…

Dann kommen die Spezialistinnen und Spezialisten des Schilddrüsenzentrums im LIMMI zum Zug. Sie beschäftigen sich mit einem spannenden Gebiet. «Die Schilddrüse ist Taktgeberin in unserem Körper, in etwa wie ein Automotor. Läuft dieser zu hochtourig, überhitzt der Motor. Umgekehrt bewegt sich das Auto bei zu wenig Leistung kaum vorwärts», erklärt Dr. Grafen. Ähnlich verhält es sich mit der Schilddrüse: Zuviele Hormone beschleunigen den Stoffwechsel. Das sorgt für Herzklopfen, Hitzegefühl, Heisshunger. Umgekehrt verlangsamt eine Unterfunktion – man fühlt sich wie eingangs beschrieben ständig müde. Hinter diesen Fehlfunktionen steckt oft ein Stoff, der bei der Hormonproduktion eine entscheidende Rolle spielt – Jod. In der Schweiz hat dieser historische Bedeutung.

«Anfang des 20. Jahrhunderts litten in Berggegenden viele Bewohnende an Kröpfen», erzählt Dr. Grafen. «Mehrere Schweizer Ärzte entdeckten die Ursache: Jodmangel. Sie schlugen vor, dem Speisesalz Jod beizumischen, was damals auf Widerstand stiess. Heute ist diese Massnahme selbstverständlich, die Erkrankung ist selten geworden und kann in der Regel gut vorgebeugt werden.» Die Funktion von Jod ist ein Faktor im ganzen System und relativ einfach nachzuvollziehen. Doch wie die Schilddrüse insgesamt funktioniert, ist komplex. Entsprechend anspruchsvoll ist oft die Diagnostik bei Fehlfunktionen oder Knoten. Dem Spital Limmattal steht hierfür modernste Ausstattung zur Verfügung. Liegt die Diagnose vor, ist es Dr. Grafen ein Anliegen, dass «unsere Patientinnen und Patienten den Befund und unsere Behandlungsvorschläge verstehen. So übernehmen sie Verantwortung für sich selber und können die richtigen Entscheidungen treffen.» Die Bandbreite an Möglichkeiten ist gross.

Abbildung einer Schilddrüse mit Nebenschilddrüsen (rote Punkte)

«Eine Über- oder Unterfunktion lässt sich mit Medikamenten regulieren», so Dr. Grafen. Manchmal muss die Schilddrüse auch ganz funktionsuntüchtig gemacht werden – durch Verabreichung von radioaktivem Jod – «so kann kein Hormon mehr produziert werden.» Eine weitere Möglichkeit besteht in der kompletten Entfernung der Schilddrüse, was bei Krebserkrankungen erforderlich sein kann. Eine einfache Tablette übernimmt dann die Funktion der Schilddrüse. «Manches hier tönt dramatisch, ist es aber nicht. So können wir die allermeisten Schilddrüsenkrebs-Arten heilen.»

Im Spital Limmattal ist zudem interdisziplinäres Handeln seit Jahren gelebter Alltag – Endokrinologie, Chirurgie, Radiologie, Pflege sowie externe Partnerinnen und Partner stehen bei jedem Diagnose- und Behandlungsschritt in Sachen Schilddrüse in engem Austausch. Nicht nur an Sitzungen, sondern auch informell: «Wir haben als Spital eine optimale Grösse und kennen uns deshalb alle gut. Wir treffen uns mitunter spontan, um einen Fall zu diskutieren. Im Mittelpunkt stehen dabei immer die Patientinnen und Patienten. Und zwar im besten Sinne des Wortes: Wenn immer möglich kommen diese im Spital nicht zu uns auf die einzelnen Abteilungen, wir kommen zu ihnen aufs Zimmer. Das ist bei uns gelebter Alltag.»

Dieser Artikel wurde am 12. April 2024 im BEST OF Kanton Zürich publiziert.

Autorin
Dr. med. Franziska Grafen
Chefarzt-Stellvertreterin Klinik für Allgemein-, Gefäss- & Viszeralchirurgie

Schilddrüsenzentrum
Urdorferstrasse 100
8952 Schlieren

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