Ratgeber| 06.09.2022

Blasenschwäche und Senkungsbeschwerden

Blasenschwäche oder Senkungszustände der Beckenorgane, wie der Harnblase, der Gebärmutter, der Scheide oder des Darms, sind bei Frauen mit zunehmendem Alter weit verbreitet.

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Bericht aus der Limmattaler Zeitung

Die dabei auftretenden Beschwerden und Symptome sind nicht nur sehr unangenehm, sondern haben oftmals einen negativen Einfluss auf das Sozialverhalten der Betroffenen. So kann der Alltag durch die Blasen- oder Beckenbodenerkrankung geradezu dominiert werden und bis zur sozialen Isolation der Betroffenen führen. Dies darf und muss nicht sein!

Krankheitsbild

Die typischen Beschwerden einer Genitalsenkung sind unter anderem ein «Druckgefühl nach unten» (Fremdkörpergefühl im Intimbereich), tief sitzende Schmerzen im Beckenbereich, Heraustreten der sich senkenden Vaginalwand, Beschwerden beim Wasserlassen, wiederkehrende Blasenentzündungen, Darmentleerungsstörungen bis hin zu Stuhlinkontinenz und Beschwerden beim Geschlechtsverkehr.

Die Blasenschwäche wird in zwei Gruppen eingeteilt. Zum einen ist bei der sogenannten Stressinkontinenz die Schliessfunktion ungenügend und es kommt zum Urinverlust bei körperlicher Betätigung, beim Treppensteigen, Niesen oder Husten. Zum anderen kann die Wahrnehmung des Blasendrucks gestört sein. Dabei kommt es zu häufigem, teilweise fast ständigem Wasserlassen, verbunden mit einem imperativen Harndrang oder gar unwillkürlichem Urinverlust. Diese Form wird auch «Inkontinenz bei Reiz- oder Urge-Blase» genannt. Die beiden Inkontinenzformen treten oft kombiniert auf.

Mitverantwortlich für Genitalsenkungen sowie Blasenschwächen ist sicherlich die demografische Entwicklung unserer Gesellschaft. Heute beträgt die durchschnittliche Lebenserwartung bei Frauen in der Schweiz über 85 Jahre. Um das Jahr 1900 herum betrug diese lediglich rund 45 Jahre. Erfreulicherweise ist heute die Lebensqualität auch im hohen Alter oftmals sehr gut, kann jedoch beispielsweise eben durch eine Inkontinenz stark beeinträchtigt sein, denn auch die Alterung des Bindegewebes schreitet voran, was zur Instabilität des Beckenbodens führen kann. 

Selbst jüngere Frauen leiden nicht selten an einer Beckenbodenschwäche, da es nebst dem Alterungsprozess auch andere mögliche Ursachen für einen Defekt des bindegewebigen Stützapparats gibt – sei es eine vererbte Bindegewebsschwäche durch Traumatisierung des Beckenbodens (zum Beispiel im Rahmen einer schwierigen Geburt) oder eine Begleiterscheinung von chronischen Lungenerkrankungen oder chronischer Verstopfung. Ebenso gilt strenge körperliche Arbeit als Risikofaktor.

Diagnose und Behandlung

Zur Interpretation der Beschwerden und Planung der Behandlung gehört primär eine exakte Befragung und gynäkologische Untersuchung, ähnlich der üblichen Vorsorgeuntersuchung. Anschliessend wird eine detaillierte Darstellung der inneren Organe mittels Ultraschall durchgeführt. So lassen sich allfällige Defekte im Bereich des Beckenbodens erkennen. Ein Protokollieren der Trink- und Urinmengen durch die Patientin selber ist je nach Beschwerden unabdingbar. Ergänzend können eine Blasenspiegelung (Zystoskopie) und eine apparative Dokumentation der Blasenfunktion inklusive Schliessmuskel folgen (Urodynamik). Hierbei werden der Blasendruck, die maximale Füllmenge sowie der Verschlussdruck des Schliessmuskels abgeklärt. Ausserdem werden Dauer und Muster der Blasenentleerung aufgezeichnet.

Ein hoch spezialisiertes, interdisziplinäres Team von Fachpersonen unserer Frauenklinik führt diese Abklärungen durch und ist für die Auswertung der Daten zuständig. Dabei ist es wichtig, dass die zuständigen Ärztinnen und Ärzte des Teams nicht nur den hohen fachlichen Anforderungen genügen, sondern dass sie ebenso behutsam und einfühlsam vorgehen, da es sich um eine sehr intime und unangenehme Problematik handelt.

Nach erfolgter Abklärung wird ein individueller, auf die jeweilige Person abgestimmter Therapievorschlag ausgearbeitet und mit der Patientin besprochen. Die Basistherapie beinhaltet meist eine den Beschwerden angepasste Physiotherapie zur Stärkung des Beckenbodens; teilweise auch ein gezieltes Training zur Wahrnehmung beziehungsweise Kontrolle des Harndrangs sowie die Schulung des Trink- und Entleerungsverhaltens. Je nach Situation wird eine
lokale Hormonunterstützung in Betracht gezogen. In bestimmten Situationen empfehlen wir eine operative Therapie. Dabei verfügt unser spezialisiertes Team über diverse individualisierte, technische Methoden, welche den Betroffenen möglichst hohe Erfolgsaussichten bei kleinstmöglichem Risiko bieten.

Eine der häufigsten Technik zur Behandlung einer Verschlussschwäche ist im Volksmund das sogenannte «Blasenbändchen » oder TVT (Tension free Vaginal Tape), welches minimalinvasiv, mittels zweier kleiner Einschnitte, platziert wird und eine hervorragende Erfolgsquote von 95 Prozent hat. Bei einer Reizblasen-Inkontinenz kann neben der physiotherapeutischen und medikamentösen Behandlung auch Botox verabreicht werden, um eine zusätzliche Verminderung der Beschwerden zu erzielen.

Bei der Behandlung einer Genitalsenkung haben unter anderem Begleitfaktoren wie Alter, Geschlechtsaktivität, Voroperationen oder Nebenerkrankungen einen entscheidenden Einfluss auf 
die Planung der Operation. Dabei ist es prinzipiell möglich, diese durch die Scheide oder 
mittels sogenannter minimalinvasiver Knopflochchirurgie (Laparoskopie) durchzuführen, unter Verwendung von Eigengewebe oder in gewissen Fällen auch von Fremdmaterial (Mesh).

In Anbetracht der Einschränkungen und Beschwerden, welche Frauen mit einer Blasen- oder Beckenbodenschwäche erleiden, ist es letztlich sicher ratsam, sich in einer spezialisierten Klinik Beratung und Hilfe zu holen. Dies kann direkt durch eine Anfrage bei uns im Spital Limmattal oder via Hausärztin oder Hausarzt erfolgen.

Dieser Artikel wurde am 06. September 2022 in der Limmattaler Zeitung publiziert.

Autoren
Dr. med. Daniel Ryser
Leitender Arzt Frauenklinik 

Dr. med. Renato Müller
Chefarzt Frauenklinik

Spital Limmattal
Urdorferstrasse 100
CH-8952 Schlieren

+41 44 733 21 77

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