Ratgeber| 18.07.2022

Adipositas – eine chronische Erkrankung mit Folgen

Von Adipositas sprechen wir bei einer chronischen und krankhaften Zunahme des Körperfetts. Menschen mit einem sogenannten BMI von 30 oder mehr gelten als adipös. Jährlich sterben weltweit rund vier Millionen Betroffene an den schädlichen gesundheitlichen Folgen dieser Krankheit. 

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Interview von Limmattaler Zeitung

In der Schweiz ist zurzeit jeder sechste erwachsene Bürger adipös (BMI über 30). Der BMI – oder «Body Mass Index» – misst das Körpergewicht im Verhältnis zur Körpergrösse. Die Gesamtkosten der Adipositas betrugen gemäss BAG bereits im Jahr 2012 rund acht Milliarden Schweizer Franken. Die schwerwiegendsten Folgeerkrankungen der Adipositas sind: Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes, Lungenerkrankungen, Immunschwäche, frühzeitige Arthrose, Krebserkrankungen und psychische Erkrankungen.

Warum ins Adipositaszentrum Limmattal?

Das Adipositaszentrum Limmattal gehört zu den grössten Adipositaszentren der Schweiz. Wir führen konservative (Verhaltenstherapie, Ernährungsberatung), operative (Magenbypässe) und endoskopische Therapien (Magenballon)
durch. Unser multidisziplinäres Team besteht aus drei Fachärztinnen für Innere Medizin, zwei Fachärzten für Chirurgie, zwei konsiliarischen Fachärzten für Endokrinologie und Psychiatrie sowie vier internen Ernährungsberaterinnen und drei konsiliarischen Fachärzten für Gastroenterologie. Zudem besteht eine sehr enge Partnerschaft mit dem Kompetenzzentrum für Ernährungspsychologie (KEP). Aufgrund der fachlichen Qualifikation unserer Internistinnen können wir zudem interdisziplinäre Therapien bei Adipositas im Kinder- und Jugendlichenalter anbieten. Die Fallzahlen bariatrischer (oder Übergewichts-) Operationen im Spital Limmattal gehören seit vielen Jahren zu den drei höchsten der Schweiz (Quelle: Bundesamt für Gesundheit BAG, «Qualitätsindikatoren Fallzahl»). Seit 2000 wurden im Spital Limmattal mehr als 3200 bariatrische Operationen durchgeführt. Unsere beiden Fachärzte für Chirurgie verfügen über eine 7- beziehungsweise 20-jährige Erfahrung in der Durchführung solcher Operationen.

Sind medikamentöse Therapien empfehlenswert?

Die grösste Schwierigkeit bei Diäten generell ist der bekannte Jo-Jo-Effekt, das heisst, der Wiederanstieg des Gewichts nach einer erfolgreichen Reduktion. Dafür verantwortlich ist der nach einer Diät während mindestens zweier Jahrn reduzierte Kalorienverbrauch des Körpers. Die zurzeit effizientesten medikamentösen Therapien sind Hormontherapien (sogenannte GLP-1-Analoga). Studienergebnisse zeigen, dass beispielsweise mit dem Medikament Saxenda in Kombination mit einer Diät nach drei Jahren durchschnittlich sieben Prozent Gewichtsverlust erzielt werden können. Bei einem Körpergewicht von 130 Kilogramm sind dies rund neun Kilogramm. Leider brechen etwa 50 Prozent der Patienten die Therapie aufgrund von Nebenwirkungen vorzeitig ab. Bezüglich einer Therapie mit dem Medikament Ozempic gibt es nur Resultate über eine beschränkte Anwendungsdauer von einem Jahr. Der zusätzliche Gewichtsverlust einer Ozempic-Therapie gegenüber einer strengen Diät beträgt zirka zwölf Prozent. Dies entspricht bei 130 Kilogramm Körpergewicht einem Gewichtsverlust von rund 17 Kilogramm in einem Jahr. Mittel und Langzeitresultate stehen aus.
Unsere Erfahrungen zeigen, dass sich die erwähnten medikamentösen Therapien sehr gut bei Patientinnen und Patienten mit einem BMI zwischen 25 und 35 eignen, sofern die Therapie nicht aus unterschiedlichen Gründen (z. B. Nebenwirkungen) abgebrochen werden muss. Unklar ist zum jetzigen Zeitpunkt, ob die Betroffenen die Medikamente lebenslang einnehmen müssen, um einen Jo-Jo-Effekt zu vermeiden.

Wann ist eine operative Therapie sinnvoll?

Bei Patientinnen und Patienten mit sehr schwerer Adipositas (ab einem BMI von 35), die mit konservativen oder medikamentösen Massnahmen wiederholt nicht abnehmen konnten, ist eine bariatrische Operation sinnvoll. Die langfristigen Prognosen der Gewichtsreduktion mittels operativem Eingriff sind in diesen Fällen deutlich besser. Heute stehen uns gut ein halbes Dutzend verschiedener Operationsverfahren zur Verfügung. Die Wahl der Operation hängt vom BMI, den Begleiterkrankungen, dem psychischen Zustand und Essverhalten sowie den operativen Risikofaktoren ab. Wann immer möglich berücksichtigen wir natürlich die Wünsche unserer Patientinnen und Patienten.
Unsere Erfahrungen und Studien zeigen eine Gewichtsreduktion von durchschnittlich 33 Prozent nach einem und 26 Prozent nach 20 Jahren. Bei Patienten mit 130 Kilogramm Körpergewicht bedeutet dies einen Gewichtsverlust von knapp 43 Kilogramm nach einem und 33 Kilogramm nach 20 Jahren. Bariatrische Operationen können ausserdem die Begleiterkrankung Diabetes deutlich und langfristig verbessern, sodass die Patienten häufig keine Medikamente mehr benötigen. Zahlreiche Studien belegen, dass sich die Sterblichkeit nach bariatrischen Operationen verringert und die Lebenserwartung zunimmt.

Gibt es neue operative Therapien?

Als erstes und einziges Spital in der Schweiz haben wir soeben eine Studie abgeschlossen, die den sogenannten Omega-Magenbypass mit dem klassischen RY-Magenbypass vergleicht. Beim Omega-Magenbypass handelt es sich um ein international zunehmend beliebtes Operationsverfahren. Bezüglich Gewichtsverlust konnten wir nach einem Jahr und nach drei Jahren leicht bessere Resultate mit dem Omega-Magenbypass erzielen. Beide Operationen verzeichnen unterschiedliche Vor- und Nachteile, die Zufriedenheit der Patientinnen und Patienten ist bei beiden Operationen hoch. Bei Fragen gibt Ihnen das Adipositaszentrum Limmattal gerne Auskunft. 

Dieser Artikel wurde am 05. Juli 2022 in der Limmattaler Zeitung publiziert.

Autor
Dr. med. Thomas Köstler
Leiter Adipositaszentrum Limmattal
FMH Viszeralchirurgie und Allgemeine Chirurgie

Spital Limmattal
Urdorferstrasse 100
CH-8952 Schlieren

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