Auf Herz und Nieren| 01.06.2022

Sprechstunde für traumatische Hirnverletzungen

Eine Kopfverletzung ist einer der häufigsten Gründe, den Notfall aufzusuchen. Jährlich kommen rund 150 Patientinnen oder Patienten mit derartigen Verletzungen auf die chirurgische Notfallstation des Spitals Limmattal.

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von Dr. med. Georg Egli & Dr. med. Arby Babians

Überwiegend handelt es sich um leichte traumatische Hirnverletzungen, auch Hirnerschütterungen oder Commotiones cerebri genannt. Zur Optimierung der Behandlungsqualität haben wir die interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Chirurgie und Neurologie verstärkt und Anfang 2021 die Sprechstunde für traumatische Hirnverletzungen eingeführt.

Was ist eine traumatische Hirnverletzung?

Zur Diagnose einer traumatischen Hirnverletzung gehört eine mechanische Einwirkung auf den Kopf, welche zu einem Bewusstseinsverlust und einer Gedächtnislücke (Amnesie) führt. In seltenen Fällen ist es möglich, dass Letzteres fehlt. Oft sind es jüngere Patientinnen und Patienten, die sich bei der Arbeit oder in der Freizeit verletzen. Bei älteren Menschen kommt es infolge einer Gangunsicherheit zu Stürzen, die sich oft in häuslicher Umgebung ereignen.
Nach einer traumatischen Hirnverletzung kann eine Vielzahl von Symptomen auftreten. Die häufigsten sind Schwindel, Kopf- und Nackenschmerzen, Sehstörungen, Konzentrationsstörungen, Schlafstörungen, eine erhöhte Ermüdbarkeit und psychische Störungen, wie beispielsweise Angst und Depression. Erfahrungsgemäss klingen diese Symptome bei den meisten Patientinnen und Patienten innert Tagen bis Wochen wieder ab.

Für eine erfolgreiche Behandlung ist es zentral, dass die betroffenen Personen von Beginn weg medizinisch optimal begleitet werden. Klinische Arbeiten haben gezeigt, dass es von grossem Vorteil ist, bei allen Patientinnen und
Patienten im Zeitraum von zwei bis drei Wochen nach einem solchen Vorfall eine standardisierte Befragung und Untersuchung durchzuführen. Dabei geht es in erster Linie darum, häufig auftretende Probleme – zum Beispiel
Lagerungsschwindel oder Schmerzen – zeitnah zu behandeln und Fehlentwicklungen, die sich zu chronischen Beschwerden entwickeln können, möglichst zu verhindern. Dank dieser Befragungen und Untersuchungen können ausserdem potenzielle Chronifizierungsgefahren bei Risikopatienten frühzeitig erkannt werden. Ebenso wird der Schweregrad der Hirnverletzung nochmals evaluiert. So können weitere Abklärungen und eine frühzeitige Therapie eingeleitet werden. 

Wie gehen wir vor?

Voraussetzung ist, wie erwähnt, ein standardisiertes Vorgehen, das bereits beim Eintreffen auf der Notfallstation beginnt. Im Spital Limmattal werden die Patientinnen und Patienten im Anschluss an die erste Beurteilung nach dem international anerkannten ATLS-Protokoll (ATLS = Advanced Trauma Life Support) und einem klar definierten Algorithmus weiter abgeklärt, behandelt und überwacht. Dabei bedienen wir uns eines neu etablierten Erstdokumentations-Formulars, welches die wichtigsten anamnestischen (die Vorgeschichte / den Hergang betreffenden) und klinischen Befunde dokumentiert. Dazu gehören unter anderem der Verletzungsmechanismus und die Dauer der Amnesie (beide anamnestisch) sowie der Glasgow Coma Score (GCS) und der neurologische Zustand (beide klinisch).

Häufig ist zusätzlich eine radiologische Untersuchung mittels Computertomografie notwendig, um potenziell gefährliche intrakranielle (innerhalb des Schädels) Verletzungen, wie zum Beispiel eine Hirnblutung, auszuschliessen. Anschliessend werden die Patientinnen und Patienten meist stationär aufgenommen und während mindestens 24 Stunden überwacht. Nach einem unauffälligem Verlauf können sie danach wieder nach Hause entlassen werden. Im Rahmen des Austrittsgesprächs instruieren wir die Betroffenen explizit, worauf sie in den nächsten Tagen besonders achten müssen, und geben ihnen zudem eine schriftliche Patienteninformation mit. Darin machen wir einerseits auf Warnsymptome, wie starke Kopfschmerzen, wiederholtes Erbrechen, erschwerte Weckbarkeit, Lähmungen, zunehmende Verwirrtheit oder Krämpfe (epileptische Anfälle), aufmerksam. Bei deren Auftreten ist unverzüglich ein erneuter Besuch des Notfalls angezeigt. Andererseits zeigt die Broschüre auf, welche zu erwartenden, «normalen» Symptome in den ersten Tagen nach dem Unfall auftreten können und welches Verhalten in der Folge richtig ist. Gleichzeitig mit dem Entlassungsbrief erfolgt das Aufgebot in die neurologische Sprechstunde für traumatische Hirnverletzungen. In gewissen Fällen werden unsere Patientinnen und Patienten telefonisch kontaktiert, um abzuklären, ob ein persönlicher Termin im Spital überhaupt nötig ist.

Wer wird untersucht?

Alle auf der Notfallstation des Spitals Limmattal bereits untersuchten Patientinnen und Patienten mit traumatischer Hirnverletzung, die 14 Jahre oder älter sind.


Links: Spezialbrille zur Untersuchung von Augenbewegungen (z. B. bei Lagerungsschwindel)
Rechts: Riechstifte zur Prüfung des Riechvermögens

Was machen wir in der Sprechstunde?

Erfolgt ein Aufgebot in die Sprechstunde, werden Anamnese und Primärverlauf noch einmal detailliert erfasst und mit den Angaben im Erstdokumentations- Formular abgestimmt. Zudem werden die erfolgten Untersuchungen inklusive Computertomografie erneut genau studiert.

Ziel ist es, sowohl vorbestehende negative Einflussfaktoren (zum Beispiel Alkoholmissbrauch, Risikoverhalten, psychische Erkrankungen) wie auch potenzielle Gefahren (sogenannte «red flags») zu erkennen. Zusätzlich erfolgt eine detaillierte neurologische Untersuchung, unter anderem betreffend die Riech- und Gleichgewichtsfunktion, inklusive Lagerungsproben. Je nach Befund erfolgt dann der Entscheid, ob Zusatzuntersuchungen, wie ein MRI oder eine neuropsychologische Untersuchung, erforderlich sind. Erfahrungsgemäss geht es zu diesem Zeitpunkt über 50 Prozent der Patientinnen und Patienten bereits wieder gut. Falls die Ergebnisse in der Sprechstunde ein anderes Vorgehen signalisieren, erfolgt, basierend auf den Symptomen, die Überweisung zu einer spezifischen Therapie. Besonders hervorzuheben ist an dieser Stelle die Zusammenarbeit mit der unter anderem auf Schwindelbehandlung spezialisierten Physiotherapie im Spital Limmattal.

Überwiegend bleibt es bei diesem einen Sprechstundentermin und den Empfehlungen zur Nachbehandlung durch den Hausarzt – mit einem Vorschlag zur Reintegration in den Arbeitsprozess. Vereinzelte Patientinnen und Patienten kontrollieren wir nach, um die Resultate der erwähnten Zusatzuntersuchungen zu besprechen, den Verlauf zu beurteilen und gegebenenfalls die Therapie anzupassen.

In der nun über einjährigen Erfahrungszeit haben wir beinahe ausschliesslich positive Rückmeldungen erhalten – hausärzte- wie patientenseitig. Ein weiterer, für uns ebenso bedeutender Punkt ist die Qualitätskontrolle der eigenen
Akutbehandlung. Zudem konnte die interne interdisziplinäre Zusammenarbeit deutlich gestärkt werden.

Autoren
Dr. med. Georg Egli
Leitender Arzt Neurologie

Dr. med. Arby Babians 
Leitender Arzt Chirurgische Klinik

Sekretariat Neurologie
Urdorferstrasse 100
8952 Schlieren

+41 44 733 25 51

Kontakt

Spital Limmattal
Urdorferstrasse 100
CH-8952 Schlieren

+41 44 733 11 11

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Besucher sind täglich von 13.30 bis 20.00 Uhr herzlich willkommen.
Für Eltern von Kindern und Angehörige schwerkranker Patienten gelten Ausnahmeregelungen.

Auf den Privat- und Halbprivatabteilungen können in Absprache mit dem Pflegepersonal individuelle Termine vereinbart werden.

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